Israel Jacobson

Israel Jacobson (1768–1828), ein jüdischer Kaufmann und Bankier, gilt als einer der Begründer des Reform­juden­tums in Deutsch­land. Mit der Gründung der Jacobson­schule und der weltweit ersten Reform­synagoge schuf er in Seesen ein frühes und bedeu­tendes Zentrum aufge­klärter jüdischer Bildung.

1810 weihte Jacobson auf dem Schul­gelände die weltweit erste Reform­synagoge ein. In diesem „Tempel“ wollte er seine Ideen zur Reform des jüdischen Gottes­dienstes umsetzen. Dazu gehörten Orgel­musik und Chor­gesang, kürzere Gottes­dienste mit deutsch­sprachigen Predigten. Einige Teile der Aus­stat­tung erinnern an die evange­lische St. Andreas-Kirche in Seesen. Jacobson wollte erreichen, dass Juden von Christen als gleich­wertig und gleich­berechtigt empfunden werden, ohne ihre Religion aufgeben zu müssen.

Israel Jacobson als Privatmann und Kaufmann um 1800
Israel Jacobson als Präsident des Konsistoriums 1807

Während der Herrschaft von Napoleon erhielten Juden gleiche Rechte. Das galt auch für Juden im König­reich West­phalen, zu dem auch die Region zwischen Seesen und Braun­schweig gehörte. Zwischen 1807 und 1813 herrschte Napoleons Bruder Jérôme als König in Kassel. Israel Jacobson wurde ein entschei­dendes Binde­glied zwischen Juden und dem könig­lichen Hof. Hier bemühte er sich darum, die Idee eines auf­geklärten und gleich­berechtigten Juden­tums politisch umzu­setzen. Nach dem Ende der Herrschaft Napoleons 1815 wurden viele Gesetze zur Gleich­berechti­gung von Juden und Christen wieder zurück­genommen.

Jacobson begann in Seesen, seine Ideen einer Reform des jüdischen Glaubens zu verwirk­lichen. Warum gerade hier? Es gab um 1800 keine große jüdische Gemeinde mit einer starken Tradition in der Stadt. Das nutzte Jacobson und baute hier eine Synagoge nach seinen Ideen auf dem Gelände seiner Schule mitten in die Stadt. Jacobson liebte Musik und besonders den Gesang im Gottes­dienst. Deshalb baute er eine Orgel ein. Es war die erste Synagogen­orgel der Welt. Von Seesen aus verbreitete sich die Idee einer Reform vieler jüdischer Traditionen nach Hamburg und Berlin und danach in die ganze Welt. Später lebte Jacobson in Berlin, wo er viele hundert Zuhörer bei seinen Predigten hatte.

In Hamburg, Frankfurt am Main, aber auch in den USA wurden bald Reform­synagogen gebaut. Diese zeichneten sich besonders durch die Orgel und die in der jeweiligen Landes­sprache gehaltenen Predigten aus. Heute erkennt man Gemeinden des Reform­juden­tums an der Auf­hebung der Geschlechter­trennung. Frauen und Männer sitzen neben­einander und beten gemeinsam. Diese Gemeinden sind heutzu­tage vor allem in den USA, England und Israel, aber auch in Deutsch­land verbreitet. Jacobson starb 1828 in Berlin. Aus seinen Ideen und Impulsen entstand das liberale Juden­tum mit mehr als 1,8 Millio­nen Gläu­bigen. Er schuf damit die Grund­lage für einen Durch­bruch, der bis in die Moderne reicht: ein aufge­klärtes Schul­wesen, welches auf Gleich­berechti­gung von Menschen beruht und niemanden aufgrund seiner religiösen Ansichten diskrimi­niert oder aus­schließt. Der Impuls dafür kam u.a. aus Seesen.

Nach dem Ersten Welt­krieg und der Inflations­zeit 1922 musste die Schule in Seesen an den Staat verkauft werden. Nur der Jacobs­tempel blieb im Besitz der jüdischen Gemeinde. In der Pogrom­nacht 1938 wurde er in Seesen ein Raub der Flammen. Sein Standort ist mit Eck­markie­rungen im Boden­belag sichtbar gemacht. Das Jacobson-Haus, früher ein Teil der Schule, bietet heute Platz für Menschen aller Religionen. Eine „Stolper­schwelle“ am Eingang erinnert an die 260 ehe­maligen jüdischen Schüler, die Opfer der NS-Verfol­gung wurden.

Israel Jacobson als Rabbiner und Reformator